Berliner Mieterverein: Mietpreisbremse ohne Erfolg

Nach einem Jahr Mietpreisbremse zieht der Berliner Mieterverein e.V. Bilanz.

„Die Bilanz ist ernüchternd“, erklärt der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Die Erwartungen an die Mietpreisbremse haben sich nicht erfüllt. Zwei Expertisen der Forschungsinstitute RegioKontext und Institut für Soziale Stadtentwicklung (IFSS) zeigen ebenso wie eine Analyse der Beratungspraxis des Berliner Mietervereins, dass die Mietpreisbremse keinen nennenswerten Einfluss auf die Höhe der Mieten bei Wiedervermietung hat.

Die Angebotsmieten lagen um 31% über der Mietpreisbremsenkappung. Die Mietpreisbremse wird offenkundig von einem großen Teil vor allem privater Wohnungsunternehmen und Vermieter missachtet. „Wir fordern daher den Bundesgesetzgeber auf, mit dem zweiten Mietrechtsänderungspaket auch eine Nachbesserung der Mietpreisbremse noch in dieser Legislaturperiode des Bundestags vorzunehmen“, so Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins und Vorstandsmitglied des Deutschen Mieterbundes.

Grundlage der Mietpreisbremse ist das Mietrechtsnovellierungsgesetz (BGBl. 2015, Seite 610). Mit der Landesverordnung (Mietenbegrenzungsverordnung, GVBl 2015, Seite 101), die der Berliner Senat frühzeitig erlassen hat, konnte die Mietpreisbremse in Berlin zum 1. Juni 2015 in Kraft treten.

1.Was regelt die Mietpreisbremse?

Bei der Wiedervermietung einer Wohnung darf der Vermieter als zulässige Miete höchstens die ortsübliche Vergleichsmiete plus 10 Prozent fordern (§ 556 d Abs. 1 BGB). Beispiel: Laut Mietspiegel beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete für die Wohnung 6,50 Euro/qm nettokalt im Monat. Nach einem Mieterwechsel darf die Miete für den neuen Mieter höchstens auf 7,15 Euro/qm steigen. Alternativ darf der Vermieter auch die bisherige Miete weiter fordern, wenn diese schon über der Grenze „Vergleichsmiete plus 10 Prozent“ lag (§ 556 e Abs. 1 BGB). Beispiel: Die Vergleichsmiete beträgt 6,50 Euro/qm nettokalt. Der Vormieter hat bisher schon 7,50 Euro/qm bezahlt. Bei der Wiedervermietung der Wohnung muss er die Miete nicht auf 7,15 Euro/qm senken. Er darf auch in dem neuen Mietvertrag weiter 7,50 Euro/qm vereinbaren, aber auch nicht mehr.

Hat der Vermieter während des vorherigen Mietverhältnisses modernisiert, die mögliche Mieterhöhung aber nicht geltend gemacht, oder modernisiert der Vermieter zwischen Beendigung des bisherigen und Beginn des neuen Mietverhältnisses, gilt nach § 556 e Abs. 2 BGB: Der Vermieter darf die ortsübliche Vergleichsmiete für die nicht modernisierte Wohnung plus 10 Prozent fordern zuzüglich des Betrages der modernisierungsbedingten Mieterhöhung, wie sie auch in einem laufenden Mietverhältnis gezahlt werden müsste (11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete). Etwas anderes gilt jedoch für umfassende Modernisierungen (siehe unten: die Ausnahmen).

Beispiel: Die bisherige Miete und Vergleichsmiete beträgt 5 Euro/qm nettokalt. Nach Auszug des Mieters wird modernisiert, die anteiligen Modernisierungskosten für die 60 Quadratmeter große Wohnung betragen 6.000 Euro. Das würde einen Modernisierungszuschlag von 0,92 Euro/qm (11% der Investitionskosten jährlich) rechtfertigen. Bei einer Wiedervermietung darf die Miete auf 6,42 Euro/qm steigen (5 Euro plus 10 Prozent plus 0,92 Euro/qm).

Die Mietpreisbremse gilt nicht für Neubauwohnungen, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals genutzt und vermietet werden (§ 556 f Satz 1 BGB), und nicht für Wohnungen, die erstmals nach einer umfassenden Modernisierung vermietet werden (§ 556 f Satz 2 BGB). Gemeint sind hier Fälle, in denen Modernisierungsinvestitionen mehr als ein Drittel des notwendigen Aufwandes für eine vergleichbare Neubauwohnung betragen.

2. Warum Mietpreisbremse?

Bisher konnte der Vermieter beim Abschluss eines Mietvertrages – anders, als in bestehenden Mietverhältnissen – praktisch an Miete fordern, was er wollte. Eine wirksame gesetzliche Begrenzung gab es selbst mit den Regelungen des Wirtschaftsstrafgesetzes und Strafgesetzbuches nicht. Konsequenz war, dass die Mieten bei Wiedervermietung teilweise exorbitant stiegen, weil die Nachfrage das Angebot an Wohnraum erheblich übersteigt. Die Mieten bei Wiedervermietung (Angebotsmieten) liegen in Berlin teilweise 40 Prozent über den Mieten, die in bestehenden Mietverhältnissen gezahlt werden. Die Mietbelastung steigt für die umziehenden Mieter deutlich an. Wer sich die hohen Mieten bei neuen Verträgen nicht leisten kann oder will, verbleibt in der bisherigen Wohnung, unter welchen Bedingungen auch immer. Die Fluktuationsrate oder auch Mieterwechselrate ist dramatisch gesunken, was wiederum zum Nachteil des Wohnungsmarktes wird. Deshalb sollte diese Mietpreisentwicklung mittels einer neuen Kappungsgrenze gebremst werden.

3. Was die Mietpreisbremse in Berlin hätte leisten können

Um die möglichen Wirkungen der Mietpreisbremse auf dem Berliner Wohnungsmarkt zu ermitteln, hatte der Berliner Mieterverein schon im Januar 2015 die Ergebnisse einer Expertise des Forschungsinstituts RegioKontext bekannt gegeben. In der Untersuchung waren die Miethöhen bei Wiedervermietung von im Internetportal Immobilienscout24 im Jahr 2013 angebotenen Mietwohnungen mit den im Mietspiegel 2013 dargestellten ortsüblichen Mieten verglichen worden. Das Ergebnis hatte die Notwendigkeit, eine Kappung der Mieten bei Wiedervermietung einzuführen, unterstrichen. Denn rund 87% der Angebotsmieten bei Immobilienscout24 überschritten damals die ortsüblichen Vergleichsmieten um im Schnitt 2,50 €/qm/mtl. bzw. 47,6%, zum Beispiel um rund 55% bei den bis 1918 bezugsfertig gewordenen Altbauten. Von den Wiedervermietungsangeboten auf dem Internetportal im Jahr 2013, für die ein Vergleich möglich war, überschritten 74,48% die mit der Mietpreisbremse vorgesehene Kappung von 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete. In 50.524 Fällen von 67.837 Angebotsmieten wurde diese Kappungsgrenze (Mietpreisbremse) um durchschnittlich 2,31 €/qm im Monat bzw. 37,9% überschritten. Seit 2010 sind die Angebotsmieten um rund 50% gestiegen. Die Mietpreisbremse hätte also zu einer tatsächlichen Dämpfung der Mietpreisentwicklung beitragen können, zumal die gekappten Mieten im Mietspiegel wiederum Einfluss auf die ortsübliche Vergleichsmiete hätten ausüben können. Wegen der zahlreichen Ausnahmeregelungen bei der Mietpreisbremse unterfallen jedoch nach Schätzungen des Berliner Mietervereins ca. ein Drittel aller Wiedervermietungen während der 5–jährigen Dauer der Rechtsverordnung der Mietpreisbremse nicht.

(Artikelfoto: © pixabay.com / CC0 Public Domain /karlher)

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