Kiez im Wandel – Ein Streifzug durch den Warthekiez in Berlin-Neukölln

Warthekiez, Start- und Landebahn, stattdessen Bahn für alles Moegliche
Keine Start- und Landebahn mehr, stattdessen eine Bahn für alles Moegliche

Der Warthekiez in Neukölln ist ein vergleichsweise kleines Berliner Viertel. Seine Grenzen sind der Schillerkiez im Norden, die Hermannstraße im Osten und im Süden der S-Bahn-Ring. Im Westen mündet er in das Tempelhofer Feld.

„Bitte warten Sie.“, sagt Dieter Prokscha. Der etwa 45-Jährige sitzt in einem Erdgeschoss der Warthestraße und frankiert Paketscheine (22. März). Neben ihm steht ein junger Mann mit digitalem Postscanner am Gürtel. Er wartet auch. Popmusik strömt durch seine Ladenwohnung. Von Hand gebastelte Holzfiguren, Horror-DVDs, Porzellan, neue eingeschweißte Weihnachtsartikel, Trödel, Paketpost. Dieter Prokscha hat fertig frankiert. Wie das Viertel um die Warthestraße heiße? Das wolle er aus politischen Gründen nicht verraten. Auf Wiedersehen.

Enge und Weite
Draußen scheint die Sonne an dem sonst verregneten Tag. In den Straßen des Viertels ist an dem Samstagnachmittag im Vergleich zu anderen Vierteln wie Weißensee viel los. Autos parken ein und aus, AnwohnerInnen tragen Einkäufe nach Hause. BesucherInnen passieren die Straßen auf dem Weg zum weiten Tempelhofer Feld, andere spazieren, wieder andere joggen.

Seit 1899 trägt die Warthestraße ihren Namen, der auf einen Nebenfluss der Oder zurückgeht. Seien es die Emser Straße, die Netzestraße oder die Boberstraße – mehrere Straßen in dem Viertel sind nach Flüssen benannt. Altbauhäuser aus dem späten 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert prägen ihr Straßenbild. Ein Badezimmer ist hier nicht in jeder Wohnung Standard, bemerkt ein langjähriger Anwohner. Man teile sich etagenweise ein Bad.

Freizeit-Platz
Der Wartheplatz in der Mitte der Straße ist auf Freizeit ausgerichtet. Auf ihm stehen etliche Sitzbänke, Skulpturen, liegen Blumenbeete und ein mit Gittern umzäunter Basketballplatz. Umgeben ist er von Wohnungen. Die einzige Gastronomie an dem Platz ist das Café Warthe-Mahl. Es ist Teil eines Quartiersmanagements, also einem Berliner Großprojekt zur Verbesserung von Stadtteilen.

„Ihr Nachbarschaftscafé und Nachbarschaftstreff“, beschreibt das Café in einem Schaukasten am Eingang seinen Auftrag. Die an dem Samstagnachmittag geschlossene Einrichtung verweist mit sorgfältig ausgedruckten DinA4-Papieren auf ihr Programm. Sie bietet zum Beispiel kostenlose Hilfe bei Hausaufgaben an, organisiert eine Laien-Theatergruppe, ein Strick-Kunst-Projekt, einen Computerkurs und Mieterberatung.

Zwei Straßen weiter beaufsichtigt Nabil El-Moussa die NutzerInnen des Jugendclubs „Outreach – Mobile Jugendarbeit“. Rund zehn Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zielen mit Stöcken auf Billardkugeln, spielen Tischtennis und gucken zu. Der Jugendclub ist vielfältig ausgestattet: Neben einem Sandfeld für Beachvolleyball gibt es einen Basketballplatz mit Nachtbeleuchtung, eine Fernsehleinwand, mehrere Kickertische, ein Tonstudio, eine Küche und einen Tanzraum mit Breakdance-Kursen. Ein 22-Jähriger nennt den 43-jährigen Betreuer Kaugummi kauend Boss.

Kiez im Wandel
Nabil El-Moussa lebt seit Jahrzehnten in dem Viertel. Er kann bestätigen, dass das über dem gesamten Viertel ein Geruch von Plätzchen liegt, wenn die benachbarte Fabrik von Bahlsen in der Oberlandstraße backt und Wind weht. Was er dazu sagt, dass viele der BewohnerInnen das Viertel unterschiedlich bezeichnen? Für ihn mache der Name Sinn. Er benenne einen Stadtteil, der von anderen deutlich unterscheidbar sei. Der Schillerkiez mit seiner zentralen Straße Schillerpromenade liegt hinter zwei Friedhöfen. Die geschäftige Hermannstraße habe einen anderen Charakter.

Wie der Schillerkiez nebenan, steckt der Warthekiez in einem Wandel. Neben dem Jugendclub verwildert ein ehemaliger Friedhof. Kaputte, verschmutzte Sofas, Müll und rostende Zaunreste prägen das längliche kleine Feld, das aus ihm geworden ist. AnwohnerInnen benennen es als Hundeauslaufgebiet. Noch steht nicht fest, was aus dem Feld vor dem Tempelhofer Feld wird. Fest steht nur, dass Berlin am 25. Mai über die Zukunft des Tempelhofer Feldes abstimmt und damit auch über die Entwicklung der umliegenden Viertel.

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